Lisa Hackmann

Fokum eEvening Lecture Wintersemester 2023/2024

LIVE ONLINE EVENT // TUB-ZOOM

Dr. Lisa Hackmann, Berlin, spricht über:

Berühmt auch in New York: Paul Delaroches Marktstrategien im 19. Jahrhundert

Datum: 12/02/24, 18:15-19:45 MEZ
TU Berlin Zoom-Link: https://tu-berlin.zoom.us/j/68980558906?pwd=UGRKNXhYN1l5R0pRVVhsSHJsTk1tZz09

Links: Fünfundvierzig Porträts von Malern aus dem Atelier von Paul Delaroche, o. J., Öl auf Leinwand, 113 × 143 cm, Paris, Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris. Rechts: Paul Delaroche, Napoleon I. in Fontainebleau am 31. März 1814, 1845, Öl auf Leinwand, 180,5 × 137,5 cm, Leipzig, Museum der Bildenden Künste.

++Title, abstract and CV are always written in the respective language of presentation.++

Abstract: Der Historienmaler Paul Delaroche (1797–1856) inszenierte in seinen Bildern wirkungsvoll die schicksalhaften Momente gekrönter Häupter der englischen und französischen Geschichte. Damit wurde er nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika zu einem gefeierten Künstler. Unmittelbar nach dem Tod des französischen Malers attestierte ihm die internationale Presse einhellig eine globale Strahlkraft, die kein Künstler je zuvor erreicht hätte. Im Rahmen meiner Dissertation wurde das Phänomen dieser außergewöhnlichen Berühmtheit erstmals umfassend in den Blick genommen und vor dem Hintergrund eines sich rasant wandelnden Kunstsystems in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts untersucht. Der Fokus lag dabei auf den Mechanismen des Ausstellungswesens, der Rolle der Kunstöffentlichkeit, der Kunstkritik sowie des europäischen und transatlantischen Kunstmarkts.
Der Vortrag stellt verschiedene Schauplätze in der Karriere des Künstlers vor und analysiert sie hinsichtlich der mit ihnen verbundenen strategischen Vermarktung seiner Werke. Obwohl Delaroche, wie sich zeigen wird, auch selbst sehr an seiner großen Strahlkraft interessiert war und entsprechend agierte, ist er nicht alleiniger „Schöpfer“ seiner eigenen Berühmtheit. These ist es vielmehr, dass es den Maler als handelndes Subjekt und gleichzeitig als Objekt in einem seine Berühmtheit konstituierenden System aus Akteuren, Medien und Öffentlichkeit zu betrachten gilt.
Nach einem kurzen einleitenden Blick auf den Ausgangspunkt der Berühmtwerdung Delaroches, den Pariser Salonausstellungen – Herzstück des staatlichen Kunstbetriebs in Frankreich und zugleich europaweit rezipierte, größte und wichtigste Kunstschau – sowie dem Lehratelier Delaroches mit seinen internationalen Schüler:innen behandelt der Vortrag anschließend vertiefend die Vermarktung von Delaroches Œuvre in Form von Originalen und Reproduktionen auf dem rasant expandierenden Kunstmarkt. Eine zentrale Rolle spielten hierbei der Verleger und Kunsthändler Adolphe Goupil und seine weitverzweigten Geschäftsbeziehungen. Ab den 1830er Jahren machte er die Gemälde Delaroches zunächst in Form grafischer, später auch fotografischer Reproduktionen großflächig über Europas Grenzen hinaus bekannt.
Ab Mitte der 1840er Jahre intensivierte sich die Zusammenarbeit mit dem Einstieg Goupils in den Gemäldehandel, der nun die maximale wirtschaftliche Verwertung der immens nachgefragten Werke Delaroches konsequent vorantrieb. Inhaltlich eng damit verknüpft geht es abschließend um das reziproke Verhältnis zwischen Delaroches Berühmtheit und der Zirkulation und öffentlichen Präsentation seiner Werke auf Ausstellungen im Ausland. Besonders ab den 1840er Jahren wuchs die transnationale Sichtbarkeit seiner Bilder, auch bedingt durch schnellere Möglichkeiten des Transports und der Kommunikation.

Lisa Hackmann studierte Kunstgeschichte und Neuere deutsche Philologie in Leipzig, Berlin und Paris. Von 2010 bis 2015 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im deutsch-französischen Forschungsprojekt ArtTransForm an der TU Berlin zur Mobilität junger Maler:innen zwischen Frankreich und Deutschland im 19. Jahrhundert. 2018 war sie für das Projekt zum Kunstfund Gurlitt des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste tätig. Im Jahr 2020 schloss sie ihre von Bénédicte Savoy betreute Dissertation ab, die unter dem Titel Paul Delaroche – Das Phänomen globaler Berühmtheit im 19. Jahrhundert. Kunstöffentlichkeit – Kunstkritik – Kunstmarkt 2022 im Dietrich Reimer Verlag erschien. Von 2020 bis 2022 war sie als Mitarbeiterin des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste u.a. mit jüdischen Kunstsammlungen und ihren Schicksalen während der NS-Zeit befasst. Seit 2023 erforscht sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentralarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Provenienzen von Werken aus der Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch und beschäftigt sich in diesem Zusammenhang verstärkt mit dem internationalen Markt surrealistischer Kunst.

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