Dr. Alexander Hofmann

VORTRAG AM MONTAG, 01/07/2019

Dr. Alexander Hofmann, Berlin, spricht über:

Bausteine zu einer Geschichte des japanischen Kunstmarkts, ca. 1500 – 1900

Datum: 01/07/2019, 18:15 Uhr
Ort: Raum A 111, Architekturgebäude der TU, Straße des 17. Juni 150/152, 10623 Berlin

Im Anschluss an den Vortrag laden wir herzlich zu einem Umtrunk ein.

Links: Laden eines Karamonoya (Kunsthändlers) in Osaka. Doppelseite aus Band 4 des Blockdruckbuchs „Illustrierter Führer zu den Sehenswürdigkeiten in der Provinz Settsu (Settsu meisho zue)“. Text: Akisato Rito, Illustrationen: Takehara Shunchōsai. Erstpublikation im Verlag Morimoto Tasuke, Naniwa 1796-98, Nachdruck 2. H. 19. Jh.; rechts: Der Sammler Charles Lang Freer und ein Kunsthändler beim Sammler Hara Tomitarō in Yokohama 1907. Fotografie, nach Linda Merrill/Thomas Lawton: Freer – A Legacy of Art, S. 58.

++Titel, Abstract und CV sind immer in der jeweiligen Vortragssprache wiedergegeben.++

Abstract: Gegenwärtige Debatten zur Provenienz von Objekten, die im Zeitalter des Imperialismus unter den Vorzeichen kolonialer Machtasymmetrien nach Euro-Amerika gelangten, lassen bisweilen vergessen, dass bereits vor diesen Entwicklungen auch außerhalb Euro-Amerikas bestimmte Objekte als Kunst definiert und gehandelt wurden. Insbesondere dank der Aktivitäten lokaler Akteur*innen sind in jüngerer Zeit Fortschritte in der Erforschung solcher außereuropäischen Kunstmärkte zu verzeichnen. Basierend auf diesen Forschungen vor allem japanischer Wissenschaftler*innen, beleuchtet der Vortrag Facetten der noch weitestgehend ungeschriebenen Geschichte des Kunstmarkts in Japan, die sich in drei historischen Umbruchszeiten ausbildeten.

Der erste dieser im Vortrag thematisierten Veränderungsprozesse zeichnete sich im 17. Jahrhundert ab, in dem Händler begannen, sich auf vornehmlich chinesische Objekte (japanisch: karamonoya) zu spezialisieren. Letztere erfuhren seit dem 15. Jahrhundert durch Praktiken der Präsentation und des Sammelns eine besondere Rahmung. Zum einen ist hier der Raumschmuck (kazari) im Kontext des Repräsentationsstrebens insbesondere der militäraristokratischen Elite zu nennen, der von Sammlungsverwaltern in speziellen Raumbereichen kuratorisch arrangiert und durch Sammlungskataloge und Traktate aufgewertet wurde. Zum anderen zählt hierzu auch das verwandte Phänomen des Gesamtkunstwerks des gemeinschaftlichen Tee- und Kunstgenusses (chanoyu).

Der zweite Teil des Vortrages behandelt das Aufkommen einer zeitgenössischen Malereiproduktion für den Markt, die im 18. Jahrhundert zunehmend neben die Auftragsproduktion trat. Der Kampf zwischen den Maler*innen um Aufmerksamkeit und öffentliches Ansehen spiegelt sich in Vermarktungsstrategien wie Ausstellungen, die Platzierung von Werken im semi-öffentlichen Raum sowie der Einsatz spektakulärer Formate und Techniken wider. Ein weiterer Aspekt dieses Phänomens ist die zunehmende Vermarktung von Grafiken.

Die Umbrüche des Kunstmarkts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, bedingt durch die soziale, politische und ökonomische Neuordnung Japans als Nation sowie durch einen neuen Markt für japanische Kunst im Ausland, stehen im Zentrum des dritten Teils des Vortrages. Thematisiert werden unter anderem die Ausweitung des Marktes auf religiöse, insbesondere buddhistische Objekte, die Entstehung von Vereinigungen mit Kunst Handelnder (Bijutsu Kurabu) und die verstärkte Bedeutung von Auktionen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Aktivitäten einheimischer Kunsthändler*innen sowie Sammler*innen aus den Kreisen einflussreicher Politiker*innen und den Pionier*innen der Industrialisierung.

Alexander Hofmann studierte Ostasiatische und Europäische Kunstgeschichte sowie Japanologie an der Universität Heidelberg und japanische Sprache und Kunstgeschichte an den Universitäten Waseda und Gakushūin in Tokyo. Von 1999 bis 2004 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstgeschichte Ostasiens der Universität Heidelberg tätig, wo er 2004 mit einer Arbeit über Malerei als Vortragskunst im Japan des 16. bis 19. Jahrhunderts promoviert wurde. Seit Sommer 2004 ist er Kurator für Kunst aus Japan am Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin. In dieser Funktion betreute er zahlreiche Ausstellungen zur traditionellen und zeitgenössischen Kunst Japans, u.a. „Kunst aus Japan – die Sammlung John C. Weber, New York“ (2006), „Leiko Ikemura: Korekara oder die Heiterkeit des fragilen Seins“ (2012), „Tiger, Kraniche, schöne Frauen – Asiatische Kunst aus der Sammlung Klaus F. Naumann“ (2015). Seine Interessen gelten insbesondere Fragen der Repräsentation, der Konstruktion von Schönheitsidealen sowie sozialen, ökonomischen und institutionellen Aspekten der Kunst in Japan.

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